Gedanken zum Burnout – eine Provokation?

Ein Geo Artikel, der einen großen Bogen hinsichtlich historischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Hintergründe einer Burnout-fördernden Lebensweise zog https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/18952-rtkl-gesundheit-burnout-entsteht-nicht-dadurch-dass-man-zu-viel-zu-tun-hat, hat uns angeregt, ergänzende Sichtweisen und Erfahrungen aus unserer Arbeit mit Unternehmen – aus Beratungen, Potenzialanalysen und Coachings – zum Thema Burnout zusammen zu fassen.

Optimierung – ohne Vorsicht und ohne Rücksicht

Insgesamt darf auf Basis einschlägiger Fachartikel als bekannt vorausgesetzt werden, dass in zunehmendem Maß die Zielvorgaben in Unternehmen, die Ansprüche, was Mitarbeitende leisten sollen, in den letzten Jahrzehnten immer höher wurden und mit den üblichen Mitteln immer weniger zu erreichen sind. Generell gibt es eine starke Tendenz zur „Optimierung“ – sprich: gnadenloser Ausbeutung – menschlichen Potenzials, besonders  durch große internationale Konzerne. Einsparungsmöglichkeiten werden grosso modo ohne Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse durchgesetzt, zB: allgemeine Reizüberflutung in Großraumbüros, Installation von leistungsfördernden Lichtquellen („wie bei Batteriehühnern“) etc. Dazu kommt die heutzutage übliche und geforderte „Rundumdieuhrverfügbarkeit“ und Kontrollierbarkeit mittels Laptop, Tablet, Handy.

Geringe Ressourcenverfügbarkeit (zB weniger MitarbeiterInnen) bei gleichzeitig übertrieben hohen Zielvorgaben, die nicht oder nur schwer eingehalten werden können, sind dazu geeignet, bei der Belegschaft ein Klima der Angst und ein permanentes Gefühl von persönlicher Insuffizienz zu schaffen, die MitarbeiterInnen-Motivation zu belasten und damit die Arbeitsleistung zu drücken. Und hier beginnt der circulus vitiosus von vorne.

Rückblick

Bis zu den frühen 2000er Jahren kam der Begriff Burnout gehäuft vor allem bei solchen Berufsgruppen vor, bei denen die augenscheinliche hohe und ständige Anforderung, unter Zeit- und Leistungsdruck bei hoher gleichzeitiger Sorgfalt und unter hohem Risiko arbeiten zu müssen, ggfs. auch in wechselnden Tag- und Nachtschichten, Teil des beruflichen Alltags waren. Zum Beispiel Menschen in Pflege- und Sozial-, Lehr- und Erziehungsberufen, medizinischen Berufen etc. Die von Burnout betroffenen Personen waren damals hauptsächlich fortgeschrittenen Alters. Der Autorin dieses Artikels ist aus persönlicher Erfahrung bekannt, dass etwa der Einsatz des „Vorpensionskrankenstandes“ bei Pflegeberufen gang und gäbe war und eine allgemeine – und auch vom Management akzeptierte – Strategie, die Personen in Pflegeberufen vor Antreten einer Frühpension für sich in Anspruch nahmen. Ganze Planstellen waren über Jahre davon betroffen; die sie einnehmenden Personen standen über Jahre einfach nicht zur Verfügung, die Stellen konnten aber auch nicht nachbesetzt werden. Was dazu führte, dass das verbleibende Personal die entstehende Personalverknappung ausgleichen musste. Bis auch sie von Erschöpfung gezeichnet gesundheitsbedingt ausfielen. Burnout zieht Burnout nach sich.

Im Jahr 2004 hielt die Autorin dieses Artikels einen Vortrag bei einem internationalen Pflegekongress zum Thema „Burnout in der Pflege“. Ein großer Teil der Fachdiskussion bewegte sich damals zwischen: „Es sind persönlichen Faktoren, die Personen anfällig für Burnout machen“ und „Es sind die Arbeitsbedingungen, die Personen ins Burnout treiben“. Auch heute noch wird aus Unternehmenssicht Burnout generell als ein Fehler im System der Person betrachtet, als persönliches Versagen. Diese Vorannahme löst Schuld- und Schamgefühle bei den Betroffenen aus und es ist bis heute gängige Praxis, dass eine solche Diagnose dem Arbeitgeber gegenüber verheimlicht wird, selbst wenn die Arbeitsumstände offensichtlich extrem belastend sind. Auch beim genannten Pflegekongress zeigte sich – in der auf den Vortrag folgenden Diskussion -, dass es geradezu ein Sakrileg war, die Verantwortung für hohe Burnoutraten auch in den Arbeitsbedingungen zu suchen.

Etwa seit dem Jahr 2007 oder 2008 zeigte sich in Coachings eine auffällige Häufung von Personen, die Coaching wegen eines drohenden oder eines bereits vorhandenen Burnouts aufsuchten.

Einflussfaktoren

Aus psychologischer Sicht muss natürlich bestätigt werden, dass es persönliche Faktoren gibt, die zu einer Prädisposition für Burnout führen: Hoch ehrgeizige Menschen etwa, „high achiever“, besonders „dienstwillige“ Personen, Menschen mit niedrigem Selbstvertrauen, Personen mit hoher Fehlervermeidungskultur.

Diese persönlichen Faktoren sind aber nicht allein ausschlaggebend. Es muss gleichzeitig berücksichtigt werden, in welchem Zusammenhang die seit 2007 massiv gesteigerte Prävalenzhäufigkeit zu betrachten ist. Was geschah damals? Mit Einsetzen der Finanz- und dann Weltwirtschaftskrise änderte sich sehr vieles sehr radikal in den Unternehmen, teilweise plötzlich, teilweise auch schleichend. Der hohe Einsparungs- und Kostendruck führte zu großflächigen Um- und Restrukturierungen, besonders im Bereich Personal wurde intensiv eingespart. Ein hoher Wechsel bei den Beschäftigten war die Folge, Kündigungen, hohe Arbeitslosigkeit, ständige Bedrohung von Arbeitslosigkeit.

Parallel wurden andere als bis dahin übliche Beschäftigungsverhältnisse und Dienstverträge massenhaft eingeführt. Zum Beispiel „all in-Verträge“, eine Häufung von „Praktikums- und Traineestellen“, die – unter dem Vorwand jungen Leuten das Einsteigen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern – mehr und mehr zur gängigen Praxis wurden, sodass auch gut ausgebildete Personen, wenn sie überhaupt eine Anstellung erlangen wollten, mit diesen Beschäftigungsverhältnissen vorlieb nehmen mussten. Unternehmen sparten sich auf diese Weise sehr viel Geld und kamen „auf den Geschmack“: Auch als die Weltwirtschaftskrise allmählich überwunden war, hielten sich diese prekären Beschäftigungsverhältnisse, teilweise bis heute.

Burnout frühzeitig erkennen

Soweit zu den Hintergründen von Seiten der Unternehmen. Was macht das mit den Menschen? Viele schlittern von einer inakzeptablen und ausbeuterischen Beschäftigung in die nächste. Jahrelanges Arbeiten als Praktikant/in ohne Aussicht auf eine adäquat bezahlte Vollzeitstelle oder auch eine Aneinanderreihung von zeitlich extrem begrenzten Dienstverhältnissen erschöpften die Personen lange vor der Zeit und vor dem Alter, in dem Personen früher in ein Burnout geraten waren. Der Umgang der Unternehmen damit blieb überwiegend der gleiche: Solche Personen wurden einfach „aussortiert“.

Die CAPTain Potenzialanalyse zeigt ein sehr charakteristisches Verteilungsmuster in den Ergebnis-Scores, die Vorboten eines Verhaltensstils, der bei längerem Andauern ins Burnout führen kann. Ebenso kann bei Vorliegen von weiteren charakteristischen Verteilungsmustern in CAPTain ein manifestes Burnout – jenseits einer klinischen Diagnose – sehr gut festgestellt werden.

Und natürlich sagt uns das – wie immer bei CAPTain – nicht nur etwas über die Person, die den Test durchgeführt hat, sondern auch über die bedingenden beruflichen Umgebungsfaktoren.

Wie Sie dies herausfinden und für Ihr Unternehmen nutzbar machen, verraten wir Ihnen gerne – kommen Sie doch einfach auf uns zu!